Gegen Lesedefizite in Schulen – diese Initiativen handeln

Jedes Mal, wenn Studienergebnisse veröffentlicht werden, ist der Aufschrei groß, Öffentlichkeit, Politik und Wissenschaft fordern Veränderungen. Dabei gibt es bereits einige Initiativen, die handeln und erfolgreich Veränderungen in der Leseförderung auf den Weg bringen.

Bessere Lesekompetenz in Nordrhein-Westfalen mit 3 x 20 Minuten
Seit diesem Schuljahr gilt in allen Grundschulen in Nordrhein-Westfalen „3 x 20 Minuten“: Mit diesem Modell führte das Ministerium für Schule und Bildung zum Schuljahresstart 2023/2024 eine verbindliche 20-minütige Lesezeit drei Mal pro Woche im Rahmen des Unterrichts ein. Außerdem stellt das Ministerium den Schulen Materialien und Plattformen zur Verfügung, u. a. einen Lesecheck als Diagnoseinstrument und ein Online-Tool zur Leseförderung im Unterricht, das Schülerinnen und Schülern Lautleseverfahren und Lesestrategien für die Verbesserung der Lesekompetenzen bietet. Dahinter steht ein umfassendes Konzept zur systematischen und individualisierten Stärkung und Absicherung der Basiskompetenzen der Grundschüler:innen, das Fachwissenschaft und Praxis wirkungsvoll verzahnen will. Handlungsempfehlungen und konkrete Materialien basieren auf aktuellen fachwissenschaftlichen und -didaktischen Erkenntnissen und sollen in den kommenden Monaten weiter konkretisiert, erweitert und vertieft werden.

Besser lesen in Hamburg dank BiSS
In Hamburg setzen Grundschulen seit einigen Jahren BiSS-Lesetrainings (BiSS = „Bildung in Sprache und Schrift“) um. Mit BiSS hat sich der Stadtstaat eine systematische Leseförderung an Grundschulen zum Ziel gesetzt. In der Pilotphase 2014 – 2017 beteiligten sich sechs Grundschulen. Anschließend wurde das Programm schrittweise auch auf andere Grundschulen ausgeweitet, fast 150 sind es inzwischen. An allen Hamburger Grundschulen in sozial benachteiligter Lage muss BiSS bis Februar 2024 verpflichtend eingeführt sein.
Mit BiSS haben die teilnehmenden Grundschulen eine Lesezeit von mindestens 20 Minuten an vier bis fünf Wochentagen im Rahmen des Unterrichts sowie ein spezielles Lesetraining im Stundenplan, das auf wissenschaftlich erarbeiteten und überprüften Lesemethoden basiert. Dazu zählen zum Beispiel das „chorische Lesen“, bei dem die Lehrkraft Texte laut vorliest und die Schüler:innen leise mitsprechen oder das „Tandemlesen“, bei dem leseschwächere Kinder mit lesestärkeren Kindern gemeinsam lesen. Damit soll eine systematische Steigerung der Leseflüssigkeit, also des flüssigen und fehlerfreien Lesens von Worten, Sätzen und Texten erreicht werden. Wissenschaftliche Untersuchungen konnten zeigen, dass die Leseflüssigkeit an Grundschulen mit BiSS tatsächlich stärker zugenommen hat als in Schulen ohne Lesetraining.
Auch in Baden-Württemberg starteten Grundschulen zum neuen Schuljahr mit BiSS. Im Rahmen einer verbindlichen Einführung von Leseförderung können Grundschulen seit dem Schuljahr 2023/2024 entweder ein schuleigenes Lesekonzept vorlegen oder BiSS-Transfer einführen, das an die Hamburger BiSS-Lesetrainings anknüpft.

Mit Diagnostik gegen Lesedefizite in Brandenburg und Berlin – IleA macht`s möglich
Seit dem Schuljahr 2019/2020 werden im Unterricht in Brandenburger Schulen die individuellen Lernstandsanalysen ILeA und ILeA plus eingesetzt. Dabei handelt es sich um ein wissenschaftlich fundiertes Instrument – die Aufgaben und Förderempfehlungen wurden in Zusammenarbeit mit mehreren Hochschulen entwickelt – mit engem Bezug zum Rahmenlehrplan. Die individuellen Lernstandsanalysen ermöglichen den Lehrkräften in den Jahrgangsstufen 1 bis 6 als lernprozessbegleitendes Verfahren eine Diagnostik, welche Lernvoraussetzungen und Kompetenzen Schülerinnen und Schüler innerhalb ihrer Lernentwicklung bereits entwickelt haben und inwieweit diese den Anforderungen des Rahmenlehrplans entsprechen. Darauf basierend können die Lehrkräfte individuelle, passfähige Lernangebote erstellen.
Außerdem ermöglicht das Instrument einen Vergleich über die Schuljahre hinweg und fokussiert dadurch den Lernprozess und die Entwicklung der Schüler:innen. Die Lernstandsanalysen sollen in den ersten Wochen eines Schuljahres durchgeführt werden und werden nicht benotet. Im Fach Deutsch werden die Kompetenzbereiche Leseflüssigkeit, Leseverständnis, Rechtschreiben erhoben. Seit dem Schuljahr 2020/2021 wird ILeA plus als freiwilliges Angebot auch in Berlin eingesetzt. An Brandenburger Schulen wurde mit dem Schuljahr 2023/2024 außerdem das Leseband eingeführt. Dieses Konzept sieht vor, dass Schüler:innen vor allem an Grundschulen an vier bis fünf Tagen pro Woche im Rahmen des Unterrichts 15 bis 20 Minuten konzentriert und gemeinsam lesen.

Bundesweit für alle Schüler:innen – mit Emoree erfolgreich mehr lesen
Auch Emoree, Deutschlands virtuelle Plattform für effektive und messbare Verbesserung der Lese- und Sprachkompetenz, unterstützt bundesweit bereits 300 Schulen mit einem erfolgreichen Konzept für die Verbesserung der Lese- und Sprachkompetenz von Schüler:innen ab Klasse 3. Der erste und einzige Anbieter rahmenlehrplankonformer Live-Lese- und Sprachkompetenzförderung im virtuellen Klassenraum bietet ein wirkungsorientiertes Bildungsprogramm, das wissenschaftliche Erkenntnisse aus Technologie und ELearning-Mobile-Pädagogik anwendet, Anwendungskompetenzen fördert, Interesse für Lesen stärkt und messbare Verbesserungen erzeugt.
„Bei Emoree vereinen wir 50 Jahre Leseforschung und bieten passgenaue, fächerübergreifende Lese- und Sprachförderung durch Diagnostik, individuelle Übungspläne sowie selbststeuerbare 3-, 5- bis 10-minütige Übungen“, sagt Emoree-Gründer und -CEO Klaus Gruchmann. „Sieben nach neuestem wissenschaftlichem Standard entwickelte digitale Lesetechniken und -strategien fördern Schülerinnen und Schüler darin, ihre Lesegeschwindigkeit zu verbessern, Merkfähigkeit zu steigern und Informationen besser zu erfassen. Damit unterstützen wir seit 2021 Schulen und sind inzwischen anerkanntes Lehrmittel in 15 von 16 Bundesländern“, so Gruchmann weiter.