Keine Frage, Bundeskanzlerin Angela Merkel hat
aus ihrem Auftritt vor der Presse das Beste gemacht. Ihre Erfolge hat
sie groß herausgestrichen und die Schwierigkeiten klein geredet. Die
Botschaft ihres Auftritts war angesichts der miesesten Umfragewerte
für Schwarz-Gelb seit 1986 aufreizend selbstbewusst: Alles ist gut.
Nun ist in der Tat nicht alles schlecht. Verglichen mit anderen
Staaten ist Deutschland glimpflich aus der Finanz- und
Wirtschaftskrise heraus gekommen. Doch die objektive Lage ändert
nichts an der Tatsache, dass die Deutschen zurecht das Gefühl haben,
schlecht regiert zu werden. Schwarz-Gelb erscheint viel zu oft wie
eine Ansammlung von Ichlingen. Da wird sich gerne auf Kosten anderer
profiliert. CSU-Chef Horst Seehofer zum Beispiel interessiert die
nächste Wahl in Bayern. Was in Berlin passiert, ist ihm eher wurscht.
Deshalb stichelt er weiter gegen die Gesundheitsreform und den
Gesundheitsminister. Und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle hackt
gerne auf dem Finanzminister herum. Der dauernde Zwist liegt auch an
handwerklichen Unzulänglichkeiten. Nicht nur der Koalitionsvertrag,
auch jeder andere Beschluss der Regierung enthält zu wenig klare
Antworten und zu viele offene Fragen. Schlimmer ist aber, dass es
Merkel nicht schafft, ein Wir-Gefühl herzustellen. Ihre Autorität ist
angeknackst. Nicht nur die CSU büxt gerne aus, auch das Regieren mit
der FDP ist keine Freude: Dass Merkel in einer anderthalbstündigen
Pressekonferenz nicht ein einziges Mal den Namen ihres Vizekanzlers
und Außenministers erwähnt, zeigt, wie tief die Entfremdung gediehen
ist. Merkel kann noch so oft behaupten, dass die Regierung gut ist.
Solange wichtige Mitglieder dieser Koalition damit beschäftigt sind,
sich gegenseitig zu übertrumpfen, ist das Klima vergiftet. Und die
Wähler werden sich weiter mit Abscheu abwenden.
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