Frauen und Migranten haben es in den mündlichen Abschlussprüfungen
für das Jura-Staatsexamen schwerer als deutschstämmige Männer. Das
zeigt eine Auswertung von 18.000 Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen,
die der Wochenzeitung DIE ZEIT vorab vorliegt.
Sie stammt vom Psychologen Andreas Glöckner (Fernuniversität
Hagen), dem Juristen Emanuel V. Towfigh (EBS Law School Wiesbaden)
und dem Ökonomen Christian Traxler (Hertie School of Governance).
Die Abschlussnote in Jura setzt sich aus schriftlichen und
mündlichen Noten zusammen. Während die schriftlichen Examen
anonymisiert korrigiert werden, kennen die Kommissionsmitglieder der
nachfolgenden mündlichen Prüfung die Ergebnisse der schriftlichen
Examen. Für die Studie haben die Autoren nun Kandidatinnen und
Kandidaten mit identischen schriftlichen Prüfungsergebnissen
verglichen.
„Mit hoher Wahrscheinlichkeit schnitten Frauen und Prüflinge mit
Migrationshintergrund bei der abschließenden mündlichen Prüfung
schlechter ab“, so Emanuel V. Towfigh im Interview der ZEIT. „Die
Kommission entscheidet also gleichsam, dass sie Männer häufiger für
Prädikatsjuristen hält als Frauen.“
Die Daten zeigten zudem, dass Frauen nicht schlechter abschnitten,
sobald eine einzige Frau mit in der Kommission sitze. Man könne den
Prüfungsämtern, die die Kommissionen zusammensetzten, daher „nur
empfehlen: besser in jeder Kommission eine Frau als in jeder zweiten
zwei“, so Towfigh. Noch besser sei es allerdings, wenn die
Kommissionsmitglieder der mündlichen Prüfung die Noten der
schriftlichen Examina nicht kennten. „Dann wären sie dem Prüfling
gegenüber unvoreingenommener“, sagt Towfigh. Von dieser blinden
Notenvergabe sollten alle Bundesländer überzeugt werden.
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