„Von Orangen und Basaren – Einführung in effektives Verhandeln“

“Wer nicht verhandeln kann, sieht schlecht aus”. Damit eröffnete Prof. Dr. Peter Ruess LL.M., Fachanwalt für Gewerblichen Rechtschutz und Partner der Kanzlei Arnold & Ruess in Düsseldorf, seinen Gastvortrag an der European Management School. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Business Insights“ von Prof. Dr. Ronny A. Fürst referierte Prof. Ruess zum Thema „Von Orangen und Basaren – Einführung in effektives Verhandeln“.
Prof. Ruess, ehemaliger Anwalt bei Freshfields Bruckhaus Deringer, verdeutlichte zunächst die Wichtigkeit eines guten Verhandlungsgeschickes. Verhandelt wird überall, bei Großprojekten, bei Arbeits- oder Mietverträgen, bei gerichtlichen sowie außergerichtlichen Streitigkeiten oder auch in ganz alltäglichen Situationen. Erfolgsentscheidend ist, dem sogenannten Verhandlungsdilemma zu entgehen. Dabei wird unterschieden zwischen integrativem und distributivem Verhandeln. Stoßen diese beiden Verhandlungsstile aufeinander ist das Dilemma vorprogrammiert. Dem integrativen Verhandlungspartner geht es darum, eine Zufriedenstellung und Wertschöpfung zwischen allen beteiligten Parteien zu erzielen. Gegenüber steht der distributive Verhandlungspartner, dem es vor allem darum geht, den eigenen Wertanspruch zu optimieren und somit einen möglichst besseren Anteil bzw. Vorteil für sich selbst zu erzielen.
Welche Wege gibt es aus dem Verhandlungsdilemma? Sinn macht, zunächst integrativ zu beginnen und Kooperationswillen zu signalisieren oder eine Reziprozitätserwartung aufzeigen. Wichtig ist, die Interessen des Gegenübers zu verstehen, statt auf seiner Position zu beharren. Dies erklärte Herr Ruess am Fallbeispiel „Kampf um die Orangen“. Dabei ringen zwei Parteien um eine Orange. Keine Partei will nachgeben, bis man sich darauf einigt, die Orange in der Mitte zu teilen. Hätten beide Parteien ihre Interessen hinterfragt, hätten sie herausgefunden, dass es dem Einen nur um das Fruchtfleisch ging, während der Andere sich allein für die Schale interessierte. Somit hätten beide Verhandlungspartner einen 100% Gewinn erzielt anstelle nur eines 50% Gewinnes.
Im Weiteren unterstrich Prof. Dr. Ruess die Bedeutung des BETNA‘s („Best Alternative to negotiate Agreement)“. Gutes Verhandeln bedeutet zu Verstehen, welche Optionen der jeweils Andere hat. Dabei ist es wichtig, das Bestmögliche für sich selbst zu gewinnen. Hier gilt vor allem die Regel: „Überzeugen statt überreden“ – so Prof. Dr. Ruess. Legitime Überzeugungskriterien erörterte Herr Ruess am Preisverhandlungsbeispiel. Überzeugt werden kann die Gegenpartei beispielsweise durch Einbeziehung der momentanen Marktsituation, eine Betrachtung des Marktpreises oder rechtliche Regeln. Weitere Möglichkeiten sind, dass Urteil eines neutralen Dritten, z.B. eines Gutachters, in die Verhandlung einzubeziehen. Gegenseitiges Entgegenkommen kann ebenfalls die Verhandlung maßgeblich voranbringen.
„Was mache ich in einer schwierigen Verhandlungssituation, in welcher der Gegner nicht von seinem Standpunkt abrückt?“ Es gilt erneut: Interessen herausarbeiten, offene Fragen stellen oder sogenannte „Ich-Botschaften“ senden. Bei aussichtlosen Situationen sollte die Verhandlung dennoch besser vertagt oder abgebrochen werden, um die eigene BETNA zu bewahren.
Zu guter Letzt gab Prof. Dr. Ruess den Studenten noch folgende Ratschläge mit auf den Weg: „Knüpfen Sie frühzeitig Kontakte! Absolvieren Sie frühzeitig genügend Praktika, vor allem solche, die zusammenpassen. Pflegen Sie Netzwerke.“