„Ich musste viel nachdenken und hatte dann nur noch wenig Zeit“. Aussagen wie diese wird man in diesen Tagen häufiger aus Kindermündern hören. „Das hat lange gedauert“, sagen viele. Wieder einmal werden die so genannten „Vergleichsarbeiten an Grundschulen“, abgekürzt „Vera 3“ geschrieben. In dieser Woche ist Deutsch am Dienstag an der Reihe, die Tests für das Fach Mathematik waren am 13. Mai.
„Die Vergleichsarbeiten“, so erfährt man vom Bildungsserver des Kultusministeriums, „sind standardisierte Lernstandserhebungen, die den Lernstand von Klassen und auch von einzelnen Schülerinnen und Schülern in Bezug auf die Bildungsstandards überprüfen“.
An den Tests nehmen grundsätzlich alle Schüler der dritten Klassen teil. Ausgenommen sind Schüler in Förderschulen; diese können freiwillig teilnehmen. Schüler, die weniger als 6 Monate in Deutschland leben und die deutsche Sprache noch nicht ausreichend beherrschen, nehmen noch nicht teil.
Die Lehrergewerkschaft GEW und weitere Verbände lehnen die bundesweiten Vergleichsarbeiten Vera in den dritten und achten Klassen ab. Die Tests führten nicht zu besserem Unterricht, so lautet ein Argument. Sie argumentierten mit den unzureichenden Sprachkenntnissen vieler Kinder. Diese Schüler könnten die Aufgaben nicht lösen, weil sie sie nicht verstehen würden.
„Vera wird nicht benotet, daher muss niemand wirklich Angst davor haben“, betont Dr. Matthias Beck, Leiter des Lehrinstitutes für Orthographie und Sprachkompetenz in Backnang. Tatsache sei allerdings, dass nachweislich immer mehr Kinder und Jugendliche Probleme im Lesen und Schreiben hätten. „Kein Wunder also, dass die staatlich verordneten Vergleichsarbeiten vielen Kindern Tränen in die Augen treiben“. Obwohl es keine Noten gebe, versuchten viele Eltern durch den Kauf von vorbereitendem Übungsmaterial mit den Kindern zuhause zu üben. „Wenn dann doch etwas schief geht, ist die Frustration bei den Kindern groß“, so Beck.
Das Üben zuhause helfe jedoch vor allem Kindern mit einer „Lese-/Rechtsschreibschwäche“ (LRS) nur wenig. „Es hilft aber auch nicht, den Kopf in den sprichwörtlichen Sand zu stecken nach dem Motto „Das wächst sich noch aus“, betont Beck weiter. Viele Lehrer könnten ein Lied davon singen, wenn Kinder mit Lese-/Rechtschreibschwäche oft psychische Auffälligkeiten zeigten. „Diese Kinder werden von ihrem Umfeld mitunter schnell abgestempelt, doch sind sie weder faul noch dumm. Ihnen fehlt einfach die notwendige Sicherheit im Lesen und Schreiben“. Eine Lese- und Rechtschreibschwäche, so Beck, könne heutzutage aber durchaus behandelt werden.
Der einzige dauerhafte Ausweg sei eine gezielte Förderung. „Dabei fällt wissenschaftlichen Testverfahren eine immer wichtigere Rolle zu“, so Beck. „Nur mit einer fundierten Diagnose können die für eine gezielte Förderung notwendigen Erkenntnisse zu den genauen Schwierigkeiten des Kindes gewonnen werden“. Am Samstag, 24. Mai gibt es einen kostenlosen Testtag im LOS Backnang. Eltern können bei Verdacht auf eine Lese- und Rechtschreibschwäche ihr Kind nach vorheriger Anmeldung unter der Telefonnummer 07191 3401992 kostenlos testen lassen.