Polizeisprechstunde in der Schule? Für deutsche Schüler sehr ungewöhnlich. Krisenintervention durch einen Notfall-Plan für Amokläufe? Für niederländische Schulen eindeutig erstrebenswert. Diesseits und jenseits der Grenze können Schulen, Polizei und soziale Begleitdienste in vielen Bereichen voneinander lernen. Im INTERREG IV A-Projekt „Grenzenloses Lernen“ haben sich die Projektpartner aus diesem Grund zusammengefunden und werden künftig gemeinsam durch verschiedene grenzüberschreitende Aktivitäten die Sicherheit der Jugendlichen verbessern.
Pläne für den Ernstfall
Was ist zu tun bei einem Amoklauf an einer Schule? Wer informiert wen und auf welche Weise? Wie verhalten sich die Lehrer, wie die Schüler am besten? Was unternimmt die Polizei? In Deutschland gibt es derartige Pläne mittlerweile nahezu flächendeckend, nicht zuletzt aufgrund der schrecklichen Ereignisse der vergangenen Jahre in Erfurt und Winnenden. In den Niederlanden gehören derartige Pläne zur Krisenintervention jedoch zur Ausnahme. „Grenzenloses Lernen“ nimmt das zum Anlass, auch für niederländische Schulen einen Notfallplan für Amokläufe zu entwickeln. Im grenzüberschreitenden Dialog werden Erfahrungen und Konzepte ausgetauscht. Daran beteiligt sind Mitarbeiter der Polizei des Rhein-Kreises Neuss und der Polizei Limburg-Nord.
Prävention
Während man in Deutschland den Ernstfall probt, setzt man in den Niederlanden verstärkt auf Prävention. Hier liegt der Schwerpunkt auf der Zusammenarbeit von Schulen, Polizei, Lehrern, Schulpsychologen und dem sogenannten „Zorgcoördinator“. Darüber hinaus werden auch der Schularzt und wenn notwendig andere Instanzen in Form eines Sorge- und Beratungsteams frühestmöglich einbezogen. In regelmäßigen Sprechstunden pflegen Polizeibeamte den Kontakt zu den Jugendlichen und lernen diese besser und vor allem persönlich kennen. Dies kann ein großer Vorteil sein, wenn ein auffällig gewordener Jugendlicher beispielsweise bei einer Partytour am Wochenende von Polizisten aufgegabelt wird. Dieses Konzept eines engmaschigen Netzes, mit dem Jugendliche rechtzeitig aufgefangen werden, möchten auch die deutschen Projektpartner an den teilnehmenden Schulen installieren.
Austausch aller Beteiligten
Der Austausch zwischen deutschen und niederländischen Schülern, Lehrkräften und Sozialarbeitern wird im Rahmen eines Zirkusprojektes gefördert. Grenzüberschreitende Vorstellungen zeigen den Eltern und Besuchern, dass die Jugendlichen mehr können, als ihnen gemeinhin zugetraut wird. Gleichzeitig wird durch die positiven Erfahrungen das Selbstwertgefühl der „Artisten“ gesteigert. Dies ist besonders vor dem Hintergrund wichtig, dass 70 Prozent der teilnehmenden Kinder und Jugendlichen aus Familien mit Migrationshintergrund stammen.
Durch die facettenreichen Austauschmöglichkeiten im Projekt „Grenzenloses Lernen“ werden nicht nur gemeinsame, positive Erfahrungen gesammelt, sondern gleichzeitig auch Vorurteile abgebaut. Das Projekt fördert darüber hinaus die grenzüberschreitenden Kommunikationsprozesse auf allen Ebenen innerhalb der euregio rhein-maas-nord. Ziel ist ein dauerhaftes Netzwerk, das auch nach Ablauf der Projektlaufzeit dazu beiträgt, auf beiden Seiten der Grenze die geschaffenen Strukturen zu pflegen und weiter auszubauen.
Hintergrund
Das Projekt Grenzeloos leren wird im Rahmen des INTERREG IV A-Programms Deutschland-Nederland mit Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE), des Ministeriums für Wirtschaft, Mittelstand und Energie des Landes NRW und der Provincie Limburg kofinanziert. Es wird begleitet durch das Programmmanagement bei der euregio rhein-maas-nord.