Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Business Insights“ von Prof. Dr. Ronny A. Fürst referierte Christian Massmann, Geschäftsführer von ZDF Digital, zum Thema „Der internationale Fernsehmarkt im digitalen Wandel“.
Herr Massmann gab den Studierenden der European Management School (EMS) zunächst eine Einführung in den TV-Lizenzhandel. So gibt es Serien wie „Sex and the City“, die international sehr erfolgreich sind und weltweit in über 120 Ländern ausgestrahlt werden. Es gibt aber auch nationale Unterschiede: So ist die Serie „Nip/Tuck“ international ein großer Erfolg, in Deutschland jedoch war das Interesse eher gering. Die Gründe für das Handeln von Programmrechten im Hinblick auf TV Sender sind vielfältig: Der Kauf von Programmen ist günstiger als die eigene Produktion; kreatives Know-how kann importiert werden; durch erfolgreiche Programme kann ein positives Image transferiert werden, das den Markenwert erhöht und eine zielgruppenoptimale Ansprache kann möglich werden. Für Produzenten und Vertriebe ist gerade der Lizenzhandel ein elementarer Bestandteil der Refinanzierung (neben erfolgreichem Merchandising). Allerdings herrscht in der Branche eine Abschottung bzw. eine Intransparenz bezüglich der Lizenzpreise vor. Auch die Schwierigkeit der Messung und die Vermittlung des Programmwertes sowie die hohen Investitions- und Erfolgsrisiken stellen den Markt vor Herausforderungen (zudem sind Programme meist substituierbar). Ein weiterer internationaler Aspekt bezog sich auf China: Zwar ist China der größte Fernsehmarkt der Welt, jedoch liegen hier die Einkaufspreise für TV-Movies und Dokumentationen deutlich niedriger als in anderen Ländern.
Durch die Ausweitung der Digitalisierung verändert sich auch die Marktsituation – den mangelhaften Umgang mit diesem Umstand in der Musik- und Verlagsindustrie möchte man im Fernsehmarkt vermeiden. Die Veränderungen betreffen bspw. die Vetriebskanäle: Eine explosionsartige Vermehrung der Medienanbieter (Free-/ Pay-TV, Video-on-Demand, Blogs, Games etc.) ist zu beobachten, die u.a. auf technologische Entwicklungen zurückzuführen ist (z. B. Vielfalt von Spartenprogrammen). Des Weiteren gibt es eine Veränderung in der Nutzungssituation (Liquid Modernity): So wird der Medienkonsum artsunabhängig und die zeitliche Bindung wird aufgelöst. Konsumiert wird jederzeit und zeitversetzt, je nach Bedarf. Erfolgsfaktoren zur nachhaltigen Wettbewerbssicherung sind u.a. die Bereitstellung einer optimalen Benutzerfreundlichkeit und die Aggregation attraktiver Inhalte: „Content remains King“, so Herr Massmann. Außerdem verändern sich die Produkte: Auch wenn klassische TV-Programme weiterhin die höchste Relevanz besitzen und Spielfilme, Dokumentationen und Shows den größten Anteil am Medienkonsum haben, gibt es jedoch bereits Ausnahmen bei den „Digital Natives“: Diese Personen, die bereits mit digitalen Technologien wie Computer, Internet etc. aufgewachsen sind, fordern die Medienanstalten besonders heraus. Denn hier wird das TV-Programm meist nur noch nebenbei verfolgt, während die Hauptaufmerksamkeit z.B. auf der Nutzung des iPhones liegt. Der Konsum weitet sich auf DVDs, Catch-ups (Wiederholungen für ca. 7 Tage auf der Online-Plattform eines Senders zu finden) und On-Demand-Angebote aus. Neue Bewegbildformate für digitale Vertriebskanäle wie Clips und Webserien sind auf dem Vormarsch. Auch auf Social Media und Games muss geachtet werden: Denn dieser Bereich beansprucht erhebliche Zeitkontingente der relevanten Zielgruppen und verdrängt somit zunehmend die traditionelle TV-Nutzung.
Anhand der Wertschöpfung im TV-Handel illustrierte Herr Massmann die 360°-Verwertung von TV-Marken. Nach der Entwicklung und Produktion von einzelnen Formaten, folgt die Verwertung. Früher wurde dabei das TV, DVDs und Merchandising fokussiert. Dies reicht heute nicht mehr aus – eine 360°-Erweiterung mit Internet, Computerspielen, Mobile Applications, Spielzeugen, Onlinegames, Kleidung etc. wird notwendige Voraussetzung für eine erfolgreiche Vermarktung.
Am Ende riet Herr Massmann den EMS-Studenten antizyklisch zu studieren und viele Praktika in den unterschiedlichsten Bereichen zu absolvieren. Er empfahl auch eine praxisnahe Ausbildung, da der Praxis-Aspekt heutzutage stärker verloren geht und die praktische Problemlösung von hoher Relevanz sei. Auch die Beschäftigung mit Wirtschaftszusammenhängen außerhalb der Universität ist wichtig. Außerdem stellte Herr Massmann heraus, dass man immer ehrgeizig bleiben und den Glauben an sich niemals verlieren sollte.